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 BUCKELMANN UND DIE FETE

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rainerWsauer




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BeitragThema: BUCKELMANN UND DIE FETE   BUCKELMANN UND DIE FETE Icon_minitime2008-06-23, 15:20

Deutschland härteste Soft-Rockband Steve Mütterchen und die Libellen waren bei weitem noch nicht so berühmt und bekannt wie heute, als sie vor einigen Jahren für ein Konzert im Haus des hessischen Ministerpräsidenten engagiert wurden. Der war überhaupt nur mit den Stimmen von Überläufern des politischen Gegeners an die Macht gewählt worden und nicht nur wegen seiner konzernfreundlichen Umweltpolitik bei der Bevölkerung verhasst. Aber der Ministerpräsident war nicht nur ein Politiker sondern auch ein Vater, dessen ältester Sohn gerade volljährig geworden war und der als besonderes Geschenk seines Erzeugers von diesem eine flotte Party finanziert erhalten sollte, eine Party im Fetenraum der Familienvilla am Nordwestrand Frankfurts. Die Staatskanzlei wandte sich an das örtliche Jugendamt und dort überlegte man hin und her, wie man dem Wunsch des Landesfürsten am besten nachkommen konnte und entschied sich am Ende dafür, den Auftrag, die Musikgruppe zu engagieren, an einen wahren Profi des Metiers zu geben, zudem noch an einen, aus den eigenen Reihen.

So betrat Buckelmann wenige Tage später im Capitol in Hannover, wo Steve Mütterchen und seine Band gerade gastierten, die Garderobe der Libellen, an seiner Seite ein schüchterner jungen Mann, der sich als Sohn des Ministerpräsidenten zu erkennen gab. Er wolle die Band für ein Konzert engagieren, sagte Buckelmann, ein Privatkonzert in der Villa des hessischen Ministerpräsidenten. Sofort erkannte Steve Mütterchen, welche Gelegenheit sich ihm hier bot. Er stieß Buckelmann den Ellbogen keineswegs unfreundlich in die Seite und sagte: "Alter, das kriegen wir gebacken", zwinkerte dem Sohn des MPs zu und fügte ein "Hunde, die Libellen beißen nicht" an. - Keine zwei Wochen später war es so weit. Im Rahmen ihrer "Fresse sonst Beule Tour" spielten die Libellen umsonst im Hause ihres neuen Fans. Lediglich eine Schlafgelegenheit, Essen und vor allem zu trinken hatten Steve Mütterchen als Gage ausgehandelt. Buckelmann saß vorne im Truck, als man auf das, von etlichen SEK-Männern in Zivil abgesicherte, Anwesen des Ministerpräsidenten fuhr. Nachdem sie das Wachhäuschen passiert hatten, wurden alle von der Landesmutter persönlich vor der Villa begrüßt und anschließend in den Fetenraum geführt, in dem der Ministerpräsident vor kurzem noch den Dalai Lama empfangen hatte.

Erstaunt nahm die Landesmutter zur Kenntnis, dass Festus, der Ober-Roadie der Libellen, das umfangreiche kalte Büfett fast allein verspeiste, um plötzlich aufzustöhnen "War das alles?"; irritiert verlies die Dame des Hauses den Raum. Damit es nicht zu einem Nahrungsdrama, sondern zu einer stimmungsvollen Party kam, rief Buckelmann. "Es kann losgehen" und was soll man sagen: Es ging los. Mit ihrem eingängigen Liedgut "Willst du mich ficken, musst du nur nicken" und Brandflecken von auf den teuren Parkettboden ausgetretenen, Zigarettenkippen sorgten die Musiker für ein erstes Highlight des Abends. Bier schäumte durch den Raum und Festus pinkelte, unbehelligt von den überall versteckt postierten SEK-Männern, in die Farrokh Bulsara Palme des Minsiterpräsidenten, die diesem vor einem Jahr vom Präsidenten Sansibars überreicht worden war.

Als Buckelmann dann Schlagzeuger Wahni bat, etwas das Tempo zurück zu nehmen und nicht immer die Schlagzeugstöcke in Richtung der SEK-Männer zu werfen, rastete dieser aus und nahm einen Wandteller aus Meissener Porzellan - des Ministerpräsidenten Geschenk an seine Gattin zur Silberhochzeit - und lies diesen wie eine Frisbee-Scheibe durch den Raum fliegen, worauf die Gattin des Ministerpräsidenten zurückkehrte, weil sie "Geräusche" gehört hatte. Kopfschüttelnd besah sie sich das Chaos. Nun dämmerte Buckelmann, dass hier Gefahr in Verzug war, woraufhin er der Band großzügig eintausend Mark anbot, wenn sie in einem Hotel und nicht in der Villa nächtigten, in Betten "in die" schob Buckelmann kumpelhaft nach "auch schon der Bundespräsident nebst Gattin" gepupst hätten. Steve Mütterchen hatte sich zu dem Zeitpunkt allerdings schon längst mit dem jüngsten Spross des Ministerpräsidenten angefreundet, der den elterlichen Weinkeller geplündert hatte, so dass den Musikern das Aufstehen am nächsten Morgen ohnehin nicht gerade leicht fallen würde. Man entschloss sich zu bleiben und bis auf ein abgerissenes Waschbecken und ein völlig vollgekotztes Gästeklo hielten sich die Schäden im Rahmen.

Plötzlich öffnete sich die Tür und der Ministerpräsident stieß zur Party. Noch geschwächt von einer anstrengenden Afrika-Reise und einem achtstündigen Rückflug wollte er trotzdem sehen, wie die Fete für seinen Sohn voranging. Feuerrot sei sein Kopf geworden, wurde später berichtet, die Augen weit aufgerissen und mit geschwollener Lippe soll er ein "Jetzt ist Schluss, jetzt reicht’s, alle raus hier!" gebrüllt haben. Buckelmann, der ihm Bericht erstatten wollte, wurde vom Landesvater aller Hessen wütend zur Seite geschubst, weil die Band nun ihr berühmtes Deutschlandlied anstimmte: "Aus diesem Material baut die Bundesrepublik, aus diesem Material baut die Bundesrepublik ...". Unverrichteter Dinge und schwer angeschlagen trat der MP den Rückzug an, so dass Steve Mütterchen und die Libellen am Ende doch noch zu ihrem Frühstück kamen.

Buckelmann allerdings machte sich schwere Vorwürfe wegen seiner Musikauswahl, vor allem aber wegen seiner beruflichen Zukunft als Jugendsozialarbeiter bei der Stadtverwaltung. Aber er konnte beruhigt sein. Staatskanzleichef Barthold würde ihn in Kürze anrufen und um Diskretion bitten. Das Ganze sei niemals geschehen, würde er Buckelmann eindringlich sagen, "anderslautende Berichte dieser Musiker werden Sie dementieren". Und so kam es, dass Buckelmann dem hessischen Ministerpräsidenten dessen schärfste Niederlage seiner politischen Karriere beigefügt hatte und trotzdem unbehelligt davon kam. Bis heute. Und das obwohl hin und wieder bei CDU-Präsidiumssitzungen in Berlin Parteikollegen leise ein "Aus diesem Material baut die Bundesrepublik" flüstern, wenn der hessische Ministerpräsident ans Rednerpult geht um eine schärfere Vorgehensweise beim Umgang mit der rebellierenden Jugend zu fordern.

Fast scheint es Buckelmann, als dass die Geister, die man gerufen hat, einem durchaus treue Dienste leisten konnten. So wird es sein, dachte Buckelmann und sein Leben hatte wieder seine Legitimation.
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